1. Eröffnung der Geschichte

09.09.72 bzw. 2006 und 2010

 

Im Banne der Goldenen Hexe

 

Was ich erzählen will, ist die Geschichte meiner Zeit, wie ich sie erlebte. Ich will erzählen, wie es kam, daß ich so wurde wie ich bin, was ich suchte in den Städten, auf den Straßen, in anderen Ländern – wahrheitsgetreu, kompliziert und ohne Zusammenhang.

 

Da saßen wir in Kandahar in einem schäbigen Hotel herum, hörten Je t’aime und rauchten und hörten Bob Dylan und rauchten und gespritzt wurde und gedreht und gestopft.

 

Den ganzen Winter und das halbe Frühjahr hindurch träumte ich den Traum eines unendlichen Traumes. Wie wäre es mir im Traum gekommen zu träumen, wenn es singt: Oh mon amour? Wie wäre mir je dieses andere Stück zu Gesicht gekommen, jenes andere Gesicht des Schreckens, des Grauens, des verborgenen Hasses, der Angst? Je t’aime. Oui. Je t’aime.

 

Manchmal frage ich mich, wie ich die Schätze am Grunde meiner Seele bergen soll. Im Banne der goldenen Hexe. Das Bild einer düsteren palmenbewachsenen Insel und ein Schiff auf dem Grund des Meeres mit Gold beladen. Und der Film zieht sich über düstere endlose Passagen, bis bei Gewittergrollen während der Bergung der Goldbarren zum Schluß das Schiff in den Abgrund im Meer sackt – und mit ihm der Taucher.

 

Im Frühjahr 1961 wußte ich von alledem noch gar nichts.

 

Irgendjemand hat irgendwelche Hoffnung, die zu glimmen beginnt, daß sie sich erfülle, indem sie die Hoffnungslosigkeit beseitigt, welche da ist - die Kulisse aus Langeweile, Standard, Mechanismus. So wollten wir das Wunder sehen; Langeweile, Standard, Mechanismus in Brand stecken.

 

Wasserkannen.

 

Wenn wir erst mal in Freiheit waren! Unser alter Traum. Flucht. Bei unserem letzten Treffen.

 

Bei unserem letzten Treffen. Wann? -  In Calangutte? In Kathmandu? Draußen am Landsende, beim Fahrradausflug? Damals in Heidelberg? In San Francisco? Oder in Jerusalem?

 

All across the nation such a strange vibration!

 

Einmal zusammen ein großes Abenteuer zu starten. Unter Trampern, San Francisco, a new generation; und all das Unverständliche danach.

 

Einmal haben wir uns getrennt. In Beersheba – in der Wüste Sinai. Aber wie oder warum? Keiner weiß es mehr. Jemand deckte sie des Nachts zu in der einsamen Jugendherberge unten im Süden nach dem Sternenzelt in der Wüste.  – Ich war es!

 

___________________________________________

 

Film-Foto 01 Es ist zu sehen der Filmtitel: “Im Banne der Roten Hexe” - so heißt der Film in Wahrheit. Ich hatte ihn jedoch als “Goldene Hexe” abgespeichert. - Dazu ein Kommentar von mir unterhalb des Bildes:

Ich habe diesen Film gesehen, als ich ungefähr 10 Jahre alt war (ca. 1951). Und zwar zwei Mal. Ich war zu der Zeit mit zwei gewitzten Brüdern öfters zusammen. Der eine, der kleinere, Willi Nau, kletterte durch das Klofenster des großen 30er Jahre Lichtspieltheaters und machte seinem Bruder und mir heimlich während der Nachmittags-Vorstellung (die hauptsächlich von Kindern und Jugendlichen frequentiert wurde) die Seitenausgangstür auf. Weil ich dadurch den Film nur teilweise sehen konnte, besuchte ich zwei Tage später ganz regulär die Vorstellung (sie kostete 50 Pfennige in der “Rasierloge”, d.h. in den ersten drei Reihen - aber ich habe mich immer nach hinten geschlichen).

 

Der Film hatte sich mir seitdem für immer in die Seele eingegraben - vor allem der Schluß!

 

 

Film-Foto 02  Es ist zu sehen die Anführung der Namen der Hauptdarsteller: John Wayne und Gail Russell.

 

Film-Foto 03 (Buchcover des Romans von Garland Roark) “Wake of the Red Witch”.

 

Film-Foto 04 (Die erste Seite des Buches). Hier das im Film dargestellte Zitat:

“From the Marquesas to the Celebes [Insel in Indonesien] - from Sumatra to the Hawaiis - the idyllic peace and beauty of the South Pacific lay undisturbed for centuries. But the white man came eventually [schlußendlich]; he rolled it up [aufgekrempelt], put it in his pocket and took it home to sell. His great trading empires, like Batjak, Limited, the Batjak of the Dutchman, ... Mayrant Sidneye, reached out everywhere ... hungry, greedy, demanding. It was in the year 1860 that I shipped out on the Red Witch, the flagship of the Batjak line, under the command of Captain Ralls.”

 

Film-Foto 05 (Die Red Witch, the flagship of the Batjak line...) Man sieht ein wunderbares Segelschiff mit 3 Masten, das schräg im Wind liegt unter wolkenverhangenem Himmel.

 

Film-Foto 06 (Die Red Witch bei Nacht - sie hat eine Ladung Gold).

 

Film-Foto 07 (Am Steuer des Schiffs Captain Ralls (d.i. John Wayne). Er will heimlich das Schiff mit der Goldladung an einem bestimmten Punkt versenken).

Film-Foto 08 (Die Red Witch versinkt mit ihrem Goldschatz).

 

Film-Foto 09 (Die düstere Insel). Man sieht ein Boot in eine nächtliche Bucht, umsäumt mit Palmen, einlaufen.

 

Film-Foto 10  Es ist nachts. Man sieht eine polynesische hohe Steinfigur im Hintergrund, davor ein Feuer. Im Vordergrund sitzen unter Palmen im Vollmondschein Eingeborene und Weiße um Früchte herum anläßlich eines Festes

 

Film-Foto 11 (Eine Liebesgeschichte auf der düsteren Insel). Die Geliebte von Captain Ralls stirbt im Laufe der Handlung an einer Tropenkrankheit  - Ralls selber versinkt später als Taucher. Die Geliebte ist die Ehefrau des Eigentümers der Red Witch. Dieser lebt als angesehener Mann auf einer dieser Inseln. Es handelt sich im Grunde um eine lange Geschichte zwischen Angelique und Ralls, die sich erst mit Rückblenden aufklärt. Wegen dieser Liebe hatte jener Schiffs-Eigentümer Ralls als Kapitän entlassen wollen. Doch Ralls haute mit dem Schiff ab und versenkte es (mitsamt dem Gold). - Um den Film wirklich zu verstehen, müßte man ihn eigentlich mehrfach sehen oder vorher was dazu lesen. Vgl. etwa den folgenden Link-1 bzw. Link-2). - Man sieht auf dem Film-Foto links John Wayne und rechts Gail Russell, wie sie ihn liebevoll anschaut.

Film-Foto 12 (Bergung des Goldschatzes. Ralls zieht den Taucheranzug an. Er ist mit dem Besitzer der versunkenen Red Witch schließlich doch noch einig geworden).

 

Film-Foto 13  (Die Red Witch am Abgrund im Meer. Sie liegt genau im Kipp-Punkt über dem Abgrund, sie kann also durch den Taucher leicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden).

 

 

 

 

Film-Foto 14 (Ralls kommt später ins Schwitzen, als das Schiff zu schaukeln anfängt bei der Bergung der Goldbarren). Man sieht John Waynes Gesicht unter dem Taucherhelm, wie sich Schweißperlen auf der gefurchten Stirn bilden, während sein Blick nach schräg oben gerichtet ist. Man muß überhaupt sagen, daß die schauspielerischen Leistungen in diesem Film weit über das übliche Hollywood-Niveau hinausgehen.

 

Film-Foto 15  Man sieht den Taucher, wie er über dem Bug des Schiffes mit der halbzerbrochenen Reling und den zerfetzten Segeln schwebt. Man erkennt den Namen des Schiffes: “RED WITCH”

 

Film-Foto 16 (Die Kisten mit dem Gold). Der Taucher befindet sich im Schiffsinneren. Im Hintergrund sieht man ein Loch im Schiffsrumpf als Eingang. Vor dem Taucher befinden sich mehrere durcheinanderliegende Holzkisten (alle gefüllt mit Goldbarren).

 

Film-Foto 17  Man sieht eine geöffnete Kiste mit 6 großen Goldbarren.

 

Film-Foto 18 (Ralls transportiert das Gold draußen zum Goldkorb). D.h. er legt mehrere Goldbarren in seine linke Armbeuge.

 

Film-Foto 19 (Der Goldkorb). Man sieht einen Korb außerhalb des Wracks in Höhe des Helms des Tauchers schweben, in welchem sich die Goldbarren befinden, die Ralls dort hineinlud.

 

Film-Foto 20 (Das Gold wird nach oben gezogen). Der Korb in Höhe der Takelage mit den Strickleitern und Seilen zum Mast und den zerfetzten Segeln. Rechts unterhalb der Reling noch der Anfang des Schiffsnamens.

 

Film-Foto 21 Gespanntes Warten auf das Gold. Im Rollstuhl rechts ist der Schiffseigentümer der Red Witch.

 

Film-Foto 22  Der erste - und letzte - Goldkorb erreicht die Wasseroberfläche).

 

Film-Foto 23  Die Augen des Schiffseigentümers stieren auf das Gold.

 

Film-Foto 24  Inzwischen macht sich das Schiff unten selbständig. Man sieht, wie das Schiffswrack seine waagrechte Lage verändert hat und nach hinten wegsackt.

 

Film-Foto 25  Ralls wird dabei der Luftschlauch und das Seil abgerissen, da er sich bei den Goldkisten innerhalb des Wracks befindet und sich dort verkeilt. Man sieht das resignierende Gesicht des Tauchers hinter dem sich beschlagenden Glas des Taucherhelms.

 

Film-Foto 26  Das Schiff versackt im Abgrund mitsamt dem restlichen Gold und dem Taucher.

 

Film-Foto 27  Man sieht den abgerissenen Schlauch und das Seil im Wasser mit Luftblasen am Ende.

 

Film-Foto 28  Man sieht den bewölkten Himmel über dem Meer mit Sonnenstrahlen zwischen den Wolken.

 

Film-Foto 29  Man sieht das (veränderte) Plakatbild des Films: Kapitän Ralls und Angelique sind am Schiffssteuer - jedoch im Gegensatz zum Plakat - in einer neblig-geistig-virtuellen Sphäre. Im Hintergrund das Meer und Wolken.

 

Film-Foto 30  In einer ebensolch neblig-geistig-virtuellen Sphäre sieht man die Red Witch als helles Schiff mit weißen Segeln in die weite See hinaussegeln. -

 

_______________________________________

 

Ich glaube, daß dieser Film, der für manchen wahrscheinlich eher ein B-Movie oder gar ein langweiliger und undurchsichtiger Kitschfilm ist, für manch andere Zuschauer eine starke archetypische Symbolgewalt hat, die sie bis ins Innerste ergreifen kann - wie es mir nachhaltigerweise als Kind erging. - Was es genau ist, läßt sich schwer darlegen. Ich hoffe, daß die ausgewählten Bilder als Zitate dieses Filmes irgendwie dokumentieren können, daß ein insgeheimer Faden zu meiner obigen ‘Eröffnung’ besteht, deren Kern diese Erinnerung an jenen Film ist. - Auch die Liebesgeschichte in diesem Film ist in der Darstellung menschlich überzeugend. Vermutlich hat der Regisseur Edward Ludwig hier diesbezüglich ebenfalls eine archetypische Ahnung gehabt.

 

 

 

[Roman: Ildiko] [1. Eröffnung d. Geschichte] [Ildikos Herkunft] [Roberts Welt] [2. Liebe] [3. Eifersucht] [4. Qual & Leiden] [5. Lösung] [6. unser Kind] [THEORIE-TEIL] [Links-Kabinett]